Spindellager

Beschreibung

Spindellager sind eine besondere Ausführung der einreihigen Schrägkugellager. Sie finden speziell ihre Anwendung im Werkzeugmaschinenbau, aber auch in anderen Anwendungsgebieten, in denen an die Lagerung hohe bis höchste Anforderungen bezüglich der Genauigkeit bzw. der zulässigen Drehzahl gestellt werden.
Von den normalen Schrägkugellagern unterscheiden sich die Spindellager durch den Druckwinkel, die Toleranzklassen und die Käfigausführung. Spindellager sind mit einem Druckwinkel von 15° bzw. 25° lieferbar.

Spindellager BS-Reihe
In den Baureihen BS719 und BS70 wird eine größere Anzahl von Kugeln mit kleineren Durchmessern als in den Baureihen B719 und B70 bei identischen Außenabmessungen verwendet. Dadurch können gegenüber der Standardreihe höhere Drehzahlen erreicht werden. Die BS-Reihe stellt somit ein leistungsfähiges und für den Kunden wirtschaftliches Lagerkonzept für anspruchsvolle Spindeleinheiten dar.

Hochgeschwindigkeitsspindellager sind in ihren Hauptabmessungen identisch mit den Spindellagern der B-Reihe. Sie sind besonders durch eine höhere Drehzahleignung, niedrigere Reibung und Wärmeentwicklung gekennzeichnet und werden in den Baureihen HS719 und HS70 gefertigt.

Abmessungen/Normen

Bei Spindellagern sind die Hauptabmessungen nach DIN 628-6 (Radial-Schrägkugellager, Einreihig, Berührungswinkel 15° und 25°), ISO 15 (Radiallager – Maßplan) bzw. DIN 616 (Wälzlager – Maßpläne) genormt.

Toleranzen

Standardmäßig werden SLF-Spindellager in P4S entsprechend DIN 620-2 (Wälzlagertoleranzen – Toleranzen für Radiallager) und ISO 492 (Radiallager – Maße und Toleranzen) gefertigt.
Bei P4S sind die Hauptabmessungen nach ISO-Toleranzklasse 4, alle Form- und Lauftoleranzen nach ISO-Toleranzklasse 2 festgelegt.
Spindellager mit eingeschränkter Durchmessertoleranz sind auf Anfrage in P4S.K5 lieferbar.

Lagerausführungen

Spindellager werden in Reihen B719, B70, B72 und A73 gefertigt. Davon sind auch verschiedene Werkstoffkombinationen und Ausführungen möglich.
Um die Montage des Käfigs und gleichzeitig eine bestmögliche Schmierung des Lagers im Betrieb zu ermöglichen, ist mindestens ein Ring mit einem abgesetzten Bord-Durchmesser versehen. Die Lager sind nicht zerlegbar.
SLF-Spindellager werden aus vakuumentgastem 100Cr6 Chromstahl oder einem gleichwertigen Werkstoff hergestellt. Für spezielle Anwendungen fertigt SLF die Spindellager mit Keramikkugeln und Wälzlagerringen aus Cronidur® 30.
SLF fertigt standardmäßig die Spindellager in den universell abgestimmten Ausführungen UL, UM und US welche in beliebiger Anordnung eingebaut werden können. Es können aber auch abgepasste Lagersätze mit definierter Lagervorspannung geliefert werden.

Lageranordnungen

O-Anordnung (Nachsetzzeichen DB)

Die Drucklinien laufen in Richtung Lagerachse auseinander. Daraus ergibt sich eine große Stützweite H auf der Lagerachse. Durch diese Anordnung wird eine sehr steife Lagerung gegen Kippmomente erzielt und die Lagerung nimmt Axialkräfte in beide Richtungen auf.

X-Anordnung (Nachsetzzeichen DF)

Die Drucklinien laufen in Richtung Lagerachse zusammen. Daraus ergibt sich eine kurze Stützweite H auf der Lagerachse. Die Kippsteifigkeit ist gegenüber der O-Anordnung geringer. Die Anordnung ist unempfindlicher gegenüber Fluchtungsfehlern. Die Lastaufnahme und Lagerfederung ist analog der O-Anordnung.

Tandem-Anordnung (Nachsetzzeichen DT)

Die beiden gepaarten Lager werden in Lastrichtung parallel angeordnet, wodurch in Lastrichtung eine höhere axiale Belastung als beim Einzellager möglich ist. Jedes der beiden Lager nimmt einen gleich großen Anteil der Axiallast auf. Zu beachten ist aber, dass das Tandem-Paar in jedem Fall gegen ein drittes Lager angestellt werden muss.

Mehrfachanordnungen

Bei höheren Belastungen oder bei geforderten hohen Steifigkeiten werden 3, 4 und im Ausnahmefall sogar 5 Lager zu Sätzen zusammengestellt und eingebaut. Lager dieser Paarungsart werden bei SLF paarweise bzw. satzweise gefertigt, gekennzeichnet und zusammen verpackt.

Abstandsringe

Bei Spindellagern in Universalausführung können Abstandsringe bei allen Anordnungen verwendet werden. Durch den Einbau von Abstandsringen zwischen den gepaarten Lagern können z.B. die Stützbreite H vergrößert, die Schmierung verbessert, die entstehende Reibungswärme besser abgeführt und die Vorspannung verändert werden. Die erforderlichen Differenzmaße erhalten Sie auf Anfrage.
Bei der Anfertigung der Abstandsringe ist darauf zu achten, dass der innere und äußere Ring genau gleich breit und planparallel ist.

Toleranzen für den äußeren und inneren Abstandsring

Toleranzklasse P4 P4S, P2
Breitenunterschied zwischen innerem u. äußerem Abstandsring 3 2
Schwankung der Breite 2.5 1.3
Axialschlag 2.5 1.3

maximal zulässige Werte in µm

Hybrid-Spindellager

Hybrid-Spindellager sind Lager mit Laufringen aus Wälzlagerstahl und Kugeln aus einem keramischen Werkstoff (Siliziumnitrid Si3N4) höchster Homogenität und Härte. Keramikkugeln sind zudem leichter als Stahlkugeln. Dadurch entstehen geringere Fliehkräfte und geringere Reibung. Sie sind elektrisch isolierend und nicht magnetisch. Zudem sind sie korrosionsbeständig. Diese Lager werden speziell als Hochleistungslager für Werkzeugmaschinenspindeln entwickelt und bieten die Voraussetzung für ein hohes Leistungsvermögen.

Ursprünglich gelangten Hybrid-Lager speziell im Hochgeschwindigkeitsbereich zum Einsatz. Aufgrund der gegenüber Stahllagern mindestens ebenso hohen Lebensdauer werden sie inzwischen auch bei allen anderen Lagerbaureihen eingesetzt.

Aufgrund der positiven Eigenschaften von Keramik zeichnen sich Hybrid-Lager durch eine deutlich verringerte Reibung während des Betriebes aus und bewirken somit folgende Vorteile gegenüber Lagern mit Stahlkugeln:

  • 20% höhere Drehzahlen
  • bessere Notlaufeigenschaften bei Mangelschmierung
  • höhere Lagersteifigkeit
  • geringere Schwingungen
  • niedrigerer Geräuschpegel
  • günstigeres Beschleunigungs- und Verzögerungsverhalten

Vorspannung

Die vordefinierten Axialkräfte (Vorspannkräfte) sind: leicht (L), mittel (M) und schwer (S).
Die in den Lagertabellen angegebenen Vorspannkräfte gelten für die axiale Vorspannung von Lagerpaaren (in O-oder X-Anordnung). Bei Kombination von mehr als 2 Lagern sind die Vorspannungswerte wie folgt zu multiplizieren.

Paarung Faktor
DB, DF 1
TBT, TFT 1.35
QBT, QFT 1.6
QBC, QFC 2.0

Käfig

SLF-Spindellager sind standardmäßig mit einem einteiligen, außenbordgeführten Massivfensterkäfig aus Hartgewebe (ein mit Phenolharz getränktes Baumwollgewebe) ausgerüstet. Die aus diesem Hochleistungswerkstoff gefertigten Käfige halten hohen Zentrifugal- und Beschleunigungskräften sowie Betriebstemperaturen bis 100 °C stand. Dieser Werkstoff hat exzellente tribologische Eigenschaften und vor allem bei Schmierstoffmangel zeichnet sich er durch hervorragende Notlaufeigenschaften aus.

Bei über 100 °C wird der Einsatz von Messingkäfigen oder PEEK-Käfigen empfohlen.
Die maximale Einsatztemperatur von PEEK-Käfigen beträgt 150 °C.

Einsatztemperatur

SLF Spindellager bis Außendurchmesser 240 mm sind standardmäßig mit S0 maßstabilisiert, d.h. so wärmebehandelt, dass sie bis zu einer Betriebstemperatur von 150 °C einsetzbar sind. Ab einem Außendurchmesser von 240 mm sind die Rillenkugellager standardmäßig mit S1 maßstabilisiert, d.h. so wärmebehandelt, dass sie bis zu einer Betriebstemperatur von 200 °C einsetzbar sind. Die max. Betriebstemperatur wird in der Regel allerdings nicht durch die Maßstabilität der Lagerringe und Kugeln limitiert. Oftmals sind Käfig, Dichtungen oder Schmierstoff die begrenzende Komponente.

Bauteil oberer Temperatureinsatzbereich
Wälzlagerringe 150°C
Hartgewebekäfig (Standard) 100°C
Messing-Käfig 150°C
PEEK-Käfig ca. 260°C
150°C ohne Leistungseinschränkung
Dichtscheiben aus NBR (2RSD) 110°C
Schmierstoff Fett L252 (Standard) 120°C

Bei Unsicherheiten oder spezifischen Fragen zu Temperaturgrenzen unserer Lager steht Ihnen das Team von SLF gerne zur Verfügung.

Befettung & Dichtung

Spindellager in abgedichteter Ausführung (2RSD) sind im SLF-Fertigungsprogramm wie in den Lagertabellen angegeben.
Die Befettung dieser wartungsfreien Lager ist so abgestimmt, dass die Lager über einen großen Zeitraum bei höchsten Drehzahlen mit niedriger Temperatur laufen.
Bei einem geringen Aufwand für Montage, Schmierung und Wartung bieten sich hiermit für den Anwender optimale Lösungen für eine lange Gebrauchsdauer.

Ungedeckelte nicht gefettete Spindellager müssen vom Anwender mit Öl oder Fett geschmiert werden und die Abdichtung der Lagerstelle muss in diesem Fall an den Umbauteilen erfolgen.
Lager gleicher Größe und Baureihe in ungedeckelter Ausführung sind mit solchen in gedeckelter Ausführung austauschbar.

Dimensionierung

Spindellager müssen Maschinenteile sehr präzise führen und gleichzeitig die Kräfte auch bei sehr hohen Drehzahlen sicher übertragen.
Die Lager werden hauptsächlich nach Genauigkeit, Steifigkeit und Laufverhalten ausgewählt. In einer Vielzahl von Anwendungen sind die Lager dauerfest.

Zur Überprüfung der Dauerfestigkeit wird das Belastungsverhältnis S0* nach der Gleichung errechnet:

\(\)$${S_0}^* = \frac{C_0}{P_0}$$
S0* Belastungsverhältnis für Dauerfestigkeit (dynamische Tragsicherheit) [-]
C0 Statische Tragzahl [N]
P0 Die äquivalente Belastung P0 wird mit den Kräften der dynamischen Belastung nach der Gleichung der statisch äquivalenten Belastung berechnet. [-]

Der Mindestwert für das Belastungsverhältnis S0* hängt von der Lagerbauart und dem Material der Komponenten ab.
Damit eine Dauerfestigkeit vorliegt, sollte das Belastungsverhältnis S0* folgende Werte erreichen:

\(\)
Lager­bauart Druckwinkel 15° Druckwinkel 20° Druckwinkel 25°
$$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} \leq 1.09$$ $$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} > 1.09$$ $$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} \leq 1.20$$ $$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} > 1.20$$ $$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} \leq 1.30$$ $$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} > 1.30$$
B / HCB 8 12 - - 8 10
HS / HC 8 12 - - 8 10
BS / HCBS - - 8 11 - -
XC 3 4 - - 3 4

Statische äquivalente Belastung

Die statische äquivalente Lagerbelastung P0 errechnet sich aus den auf das Lager wirkenden axialen und radialen Belastungen nach der folgenden Formel.

\(\)
$$P_0 = F_{0r}$$ für $$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} \leq e$$
$$P_0 = 0.5 * F_{0r} + Y * F_{0a}$$ für $$\frac{F_{0a}}{F_{0r}} > e$$
Druckwinkel e Y
15° 1,09 0,46
20° 1,20 0,42
25° 1,30 0.38
P0 statische äquivalente Belastung [kN]
F0r radiale statische Belastung [kN]
F0a axiale statische Belastung [kN]
e, Y Faktor [-]

Statische Tragsicherheit

Um bei Spindellagern die hohe Genauigkeit der Lager zu nutzen, muss die statische Tragsicherheit S0>2 sein.

\(\)$$S_{0} = \frac{C_0}{P_0}$$
S0 statische Tragsicherheit [-]
C0 statische Tragzahl [kN]
P0 statische äquivalente Belastung [kN]

Drehzahlgrenzen bei Lageranordnungen

Die in der Produkttabelle aufgeführten Drehzahlgrenzen verringern sich bei starr vorgespannten oder höher vorgespannten Lagern sowie bei Lagerpaaren und Lagergruppen. Die angegebene Drehzahl muss mit dem Reduktionsfaktor fr multipliziert werden.

\(\)Drehzahlreduktion für Spindellagersätze $$n * f_r$$
\(\)
$$Faktor f_r$$
Lagervorspannung
leicht mittel schwer
L M S
Lagerabstand groß
0,85 0,75 0,5
0,8 0,7 0,5
0,75 0,65 0,45
Festlager Loslager
0,75 0,6 0,35
0,65 0,5 0,3
0,65 0,5 0,3
0,72 0,57 0,37
0,54 0,4 0,37